Home
Hobbys
Laufen
Zielfoto
|
Die
Vorbereitungswoche Am Montag, den
4.9.2000 klingelt mich um 5:30 Uhr der Wecker raus, es ist mal wieder Frühschicht. Nach
einem total verregneten Wochenende habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht laufen
war. Auf zur Arbeit, auf andere Gedanken kommen. Ich mache einen Obsttag (bis auf eine
Bockwurst ohne Brötchen) und gegen Abend kommt die Sonne raus. Nun aber los und 14km auf
Zeit gebolzt. 1:11:00h, na bitte es geht ja noch. Am Dienstag wieder früh raus, ich hasse
es. Ah ja, Muskelkater von gestern Abend, entweder zu wenig gedehnt oder doch etwas zu
schnell gewesen. Naja bis Sonntag sind ja noch 5 Tage, das wird reichen. Wieder viel Obst
gegessen, aber ab morgen werden Kohlenhydrate gesammelt, bis die Schwarte
kracht. Mittwoch
Morgen ein vorsichtiger Versuch auf der Waage, 76kg nüchtern. Etwas weniger wäre besser,
aber was solls. Der Muskelkater ist immer noch in den Waden aber bis Sonntag ist ja
noch Zeit. Der für den Abend geplante lockere Lauf wird zugunsten des familiären
Beisammenseins verschoben. Ab Donnerstag, den 7.9.2000 wird der "Speiseplan"
umfangreicher und die Portionen wachsen allmählich an. Nachmittags geht es zur
Marathonmesse. Dort erhalte ich meine Startunterlagen. Ich werde mit der Nummer 26599
unterwegs sein. Allmählich steigt die Nervosität. Abends ein ganz langsames Läufchen
über lediglich 5km in "hervorragenden" 37min. Freitags fühle ich mich schon
richtig prima, habe auf 77kg zugelegt und kann den Sonntag kaum noch erwarten. Abends ist
eine Geburtstagsparty angesagt, auf der ich mir so richtig den Bauch voll
schlage. Samstag,
der 9.9.2000, heute bin ich noch einmal faul. Wenn ich es bis jetzt nicht drauf habe, ist eh zu
spät. Vormittags Familieneinkauf und nachmittags Kaffee im Garten. Abends wird gegrillt
und für mich gibt es sogar eine Riesenportion Spaghetti als Beilage. Dazu einen schönen
kalifornischen Roten, richtig lecker.
Sonntag, 10.9.2000 der Tag der Entscheidung
Vorher
Um 6:00 Uhr klingelt der Wecker. Ab in die
Klamotten, noch ein kleines Frühstück, 78kg auf der Waage, das muss reichen. Die S-Bahn Fahrt kommt mir
endlos vor. Zwischendurch bekomme ich schon Nasenbluten, vor Aufregung oder zu hohem
Blutdruck, oder ist doch der Rotwein schuld? Am Bahnhof Zoo wird noch mal eine Banane
eingeschoben, danach geht es zum stretchen und dann ganz langsam zum Startraum. 8:20 Uhr
bin ich vor Ort, ein wenig aufwärmen, einmal die "Dixis" besuchen und noch mal stretchen.
Im Nu
ist die halbe Stunde rum und ich bin gerade zum Startschuss in meinem "weißen"
Anfängerstartblock. 8:55 Uhr: den Schuss selbst höre ich gar nicht, sehe nur all die
Luftballons aufsteigen, na dann wird es wohl losgehen.
Der Lauf (erster Teil in 2:14:11h)
Allmählich setzt sich der
Tross in
Bewegung. Nach ca. 5min. kommt endlich die Startlinie. Aber auch danach geht es erst
einmal gemütlich weiter. Noch sind die Läufer zu dicht beieinander. Es wird gelacht,
gescherzt und den Leuten auf dem Bahnhof Tiergarten zugewinkt. Kurz vor der Siegessäule
komme ich richtig in Trab, so bleiben sage ich mir, nur nicht zu schnell angehen. Von
Zuschauern ist noch nicht allzu viel zu sehen, die schlafen wohl noch alle. Ab dem
Brandenburger Tor werden es etwas mehr Zuschauer. Vor der Staatsoper stelle ich entsetzt
fest, dass jemand den "Alten Fritz" entwendet hat. Bei km 5 die erste
Zwischenzeit: 30:50min. eine gute Minute zu schnell, sieh mal an. Na dann werde ich mal
bremsen. Dann geht es bald auf die Karl-Marx-Allee, fast endlos zieht sich nun schon die
Läuferschlange hin. Die ersten Verpflegungsstände bei km 5 und 10 lasse ich aus, habe
noch meine eigene 0,5l Flasche verdünntes "Gatorade" dabei. Bei km 10 auf der
Leipziger Straße bin ich genau im Timing mit 31:48min. für die letzten 5km. Nun werden
auch die Zuschauermassen allmählich größer und lauter. Ich versuche das Tempo zu
halten, aber bei km 15 stelle ich fest, dass ich doch 1 Minute langsamer geworden bin.
Beim nächsten Verpflegungsstand hole ich mir eine Banane ab und tausche meine leere
Flasche gegen einen vollen Becher ein. Ein paar Meter gehen, damit ich mich bloß nicht
verschlucke und weiter geht es durch Kreuzberg. Allmählich wird es wärmer und schwüler.
Am km 18 in der Sonnenallee steht meine Mutter und feuert mich an, nach der Wende beim Bad
Neuköln am km 20 sehe ich sie noch mal, schön dass Sie Zeit gefunden hat. Noch bin ich
völlig locker, die letzen 5km wieder in knapp 32min., gewünschter Schnitt. Doch nach der
Halbmarathonmarke merke ich allmählich, wie meine Beine härter werden, offensichtlich
liegt mir der harte Asphalt doch nicht so gut, schließlich hatte ich die langen Kanten im
Training meist auf Wald- und Feldwegen gemacht.
Der Lauf (zweiter Teil in 2:28:48h)
Trotzdem halte ich mein Tempo durch.
Bei
km 25 habe ich weitere 5km in gut 32min. geschafft. Zur Belohnung gibt es ein paar
Apfelstückchen und einen Becher Tee, allmählich liegen die Temperaturen jenseits der
20Grad, die Sonne brennt erbarmungslos und zu allem Überfluss scheint die
Luftfeuchtigkeit ziemlich hoch zu sein. Ab und zu sorgt die Feuerwehr mit einer Spritze
für Abkühlung, was ich sehr angenehm finde. Beim Rathaus Schöneberg merke ich das harte
Pflaster schon bei jedem Schritt und kurze Zeit später bei km 30 muss ich feststellen,
dass ich nun doch 2min. langsamer geworden bin. Hier ergattere ich eine der begehrten
Trinkflaschen mit "Saugnippel", welche mich ab sofort bis ins Ziel
begleiten wird. Die Straße "Unter den Eichen" zieht sich ewig hin, ich denke an den Herrn
mit dem Hammer, der muss ja auch noch kommen. Ab sofort wird keine Wasserstelle mehr
ausgelassen, ob ich wohl ohne Dixi ins Ziel komme? Kurz vor km 35 kommt sie dann, die
erste kurze Gehpause für ca. 1min. verfalle ich dem Walking. Naja kein Wunder, letzte 5km
schon über 35min. gebraucht. Nun muss ja bald dieser "wilde Eber" kommen, da
sollen Kameras sein. Aber nun los, wenn ich schon ins Fernsehen komme dann laufend
und nicht watschelnd. Die Stimmung da ist wirklich Klasse, das gibt noch mal so richtig
Power. Wenn ich bis hier gekommen bin, schießt es mir durch den Kopf, schaffe ich den
Rest auch noch. Wo bleibt eigentlich dieser Hammermann? Also, wenn er sich mit Gehpausen
bemerkbar machen sollte, dann war er wieder bei km 37, dann wieder bei 39, und bei, na
schweigen wir, jedenfalls bei letzterem km Punkt musste ich wirklich mal anhalten und ca.
2min. stretchen, sonst wären die Muskeln versteinert gewesen. Daher kein Wunder,
dass die
5km bis zum magischen 40km Punkt ganze 38:37min. dauerten. Dann endlich der
Kurfürstendamm. Am
Anfang erst noch eine kurze Walking Einlage, um die letzten Kräfte für den
"Endspurt" zu schonen. Doch kurz nach km 41 gab es kein halten mehr. In der
Ferne sah man das große Zielschild und da gab es keine Schmerzen mehr, der Asphalt war
angenehmer zu laufen als ein Kurzrasen, und wenn es so etwas wie ein "Runners
High" gibt, dann habe ich dies gut einen km bis ins Ziel unter dem Jubel von
Tausenden auskosten können, die selbstverständlich alle nur für mich gekommen waren ;-)
Ich glaube, ich habe schon 20m vor dem Ziel zu jubeln begonnen: Bruttozeit 4:47:56h, kurz
rechnen (da gehen noch 5min. ab), das muss also was um 4:43 sein, nicht schlecht Herr
Specht.
Die Zeit danach
Nur nicht sofort stehen bleiben oder
umfallen, langsam weiter getrappelt, ich glaube da vorne gibt es was umsonst, da stehen
sie an. Eine Medaille, warum nicht die brauche ich auch. Dahinter gibt es diese
zweckmäßigen Plastefolien, man gibt mir gleich zwei, man muss ich fertig aussehen. Eine
wird großzügig dem nächsten geschenkt, die andere reicht mir allemal. Langsam wackelt
die Menge müder Beine weiter zum Bierstand, nein danke später vielleicht, erst mal ein
"Isostar" und einen Becher Wasser, danach noch einen Apfel. Ewig suche ich den
LKW mit meinen Klamotten. Als ich die endlich habe mache ich es mir erst einmal auf dem
Rasen vor dem KaDeWe bequem. Die Duschen sind überfüllt, daher trockne ich mich so ab
(nass bin ich von allein genug) und ziehe erst einmal trockene Klamotten an. Danach sonne
ich mich noch einen Moment auf einer Parkbank. Auf dem Rückweg, wird dann doch noch ein
Bier genommen, anschließend die Urkunde geholt und nun schnell nach hause. Hier
angekommen geht es sofort in den Pool, 19Grad Wasser sind zwar nicht gerade warm, aber
trotzdem herrlich. Gegen Abend kommen dann die befürchteten Probleme beim Treppen
steigen.......
Der Tag danach
Muskelkater, Muskelkater und
nochmals Muskelkater. Treppen hoch geht noch so, abwärts nur mit festhalten am
Geländer (rückwärts laufen bleibt mir aber erspart). Ansonsten fühle ich mich aber
Top, habe trotz Unmengen konsumierter Getränke etwa 2,5kg abgenommen.
Resümee am
Dienstag, den 12.9.2000: Ob mein erster Marathon ein Erfolg war: Jawoll, ob es mein letzter
Marathon war: Neeee, bestimmt nicht.
Dieser Bericht wurde
auch bei ciao veröffentlicht, copyright: PeterPan2
|